Stürze

Die folgenden Informationen sind dem Ratgeber „Gute Pflege im Heim und zu Hause – Pflegequalität erkennen und einfordern“ der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., Berlin 2008 entnommen und dienen als Information gemäß Expertenstandard „Expertenstandard Sturzprophylaxe“.

 

Folge von Stürzen ist häufig Pflegebedürftigkeit

Jeder Mensch ist in seinem Leben in der Regel mehrfach gestürzt. Dies ist ein natürlicher Vorgang, beispielsweise während ein Säugling laufen lernt. Aber auch mit zunehmendem Lebensalter besteht - abhängig von verschiedenen Faktoren - immer ein Risiko, zu stürzen. Dabei ist davon auszugehen, dass gerade ältere Menschen weitaus häufiger stürzen als jüngere. Von Bedeutung sind dabei vor allem auch die Folgen eines Sturzes. Insbesondere bei älteren oder pflegebedürftigen Menschen kann ein Sturz eine ganze Reihe von Folgen nach sich ziehen. Neben leichten Verletzungen wie zum Beispiel Prellungen und Hautabschürfungen können Stürze auch Knochenbrüche oder andere schwere Verletzungen verursachen, die manchmal auch zum Tode führen. Darüber hinaus bedeuten schwere Verletzungen infolge eines Sturzes in der Regel auch, dass sich die Betroffenen einer langfristigen medizinischen Behandlung, zum Teil sogar Operationen aussetzen müssen. Außerdem steigt das Risiko, dass sich eine Pflegebedürftigkeit verschlimmert. Manchmal setzt auch erst durch einen Sturz und seine Folgen eine Pflegebedürftigkeit ein. Neben den direkten gesundheitlichen Folgen für die Betroffenen hat ein Sturzvorfall immer auch Auswirkungen auf die Psyche. Betroffene - gerade wenn sie schon nicht mehr so mobil sind - können durch einen Sturz das Vertrauen in sich selbst und den eigenen Körper verlieren, was wiederum dazu führt, dass sie noch weniger mobil werden. Mögliche Folge: Das Sturzrisiko steigt, und die Betroffenen ziehen sich immer mehr zurück. Auch wenn es dazu keine genauen Zahlen gibt, muss davon ausgegangen werden, dass die Kosten, die sich durch Stürze für das deutsche Gesundheitssystem ergeben, in die Millionen gehen. Vor dem Hintergrund, dass man eine Vielzahl der Stürze, die im Krankenhaus, in der häuslichen Pflegeumgebung oder im Pflegeheim geschehen, hätte verhindern können, ist dies umso bedenklicher und ein Anlass, etwas dagegen zu tun.

 

Warum kommt es zu Stürzen?

Schon die Tatsache, dass alle Menschen irgendwann in ihrem Leben stürzen, zeigt, dass ein Sturzgeschehen von vielen verschiedenen Bedingungen beeinflusst wird. Wissenschaftliche Untersuchungen der letzten zwanzig Jahre zeigen, dass beispielsweise äußere Bedingungen wie rutschende Teppichläufer, aber auch der gesundheitliche Zustand des Einzelnen das Risiko eines Sturzes deutlich erhöhen. Ebenso wurde festgestellt, dass je mehr Risikofaktoren zusammenkommen, desto höher ist das Risiko einer Person, auch wirklich zu stürzen. In der Praxis ist es selten der Fall, dass nur ein Risikofaktor einen Sturz auslöst. Oftmals ist es ein Zusammentreffen von mehreren Risikofaktoren und Umständen die dann zum Sturz führen. Dies bedeutet aber auch, dass das Ausschalten schon eines Risikofaktors unter Umständen in der Lage ist, einen Sturz zu verhindern.

Risikofaktoren für eine erhöhte Sturzgefahr:

  • Bewegungseinschränkungen 
  • Probleme mit dem Gleichgewicht
  • Gangveränderungen und eingeschränkte Bewegungsfähigkeit 
  • Erkrankungen, die das Geh- und Stehvermögen einschränken
  • Einschränkungen des Sehvermögens
  • Beeinträchtigung des Denkvermögens und der Stimmungslage 
  • Erkrankungen, die zu kurzzeitiger Ohnmacht führen können 
  • Inkontinenz und Urinausscheidung 
  • Medikamente 
  • Angst vor Stürzen 
  • Sturzvorgeschichte 
  • Verwendung von Hilfsmitteln 
  • Ungeeignete Schuhe und Kleidung 
  • Gefahren in der Umgebung

 

Einschränkungen des Sehvermögens

Die Augen und somit die Sehfähigkeit spielen beim Menschen eine große Rolle, wenn es darum geht, die Balance zu halten, Hindernissen auszuweichen oder auch einfach nur die Lage von Gegenständen in einem Raum abzuschätzen. Durch das Sehen können wir schon vorher abschätzen, ob beispielsweise ein Untergrund weich und stumpf oder holperig ist. So können wir uns auf den nächsten Schritt und die Sorgfalt, mit der wir den Schritt setzen müssen, einstellen. Die Bedeutung kann jeder Mensch einfach überprüfen, indem man versucht, einen dunklen Raum zu durchqueren. (Vorsicht: Sturzgefahr!). Selbst wenn die Umgebung bekannt ist, erfährt man ein Gefühl von Unsicherheit und wird anecken. Auch der Gang verändert sich: Er wird langsamer, abtastend und schlurfend. Die Hände und Arme werden zur Balance und zum Erkennen von Hindernissen eingesetzt.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben nachgewiesen, dass eine Beeinträchtigung des Sehens mit dem Risiko zu stürzen und verbunden damit mit dem Risiko, sich die Hüfte zu brechen, zusammenhängt. Dabei ist unter Beeinträchtigung des Sehens nicht nur zu verstehen, dass jemand kurz- oder weitsichtig ist. Im Zusammenhang mit der der Fähigkeit, gut zu sehen, stehen auch andere Faktoren. So ist es von Bedeutung, ob man eine vorhandene Brille auch trägt oder wie lange die letzte Augenuntersuchung her ist - unter Umständen ist man sich gar nicht bewusst, dass die Sehkraft nachgelassen hat. Bei einer schon eingeschränkten Sehkraft ist es zudem wichtig, eine geeignete Brille (oder andere Sehhilfe) zu tragen. Für ältere Menschen, die sowohl kurz- als auch weitsichtig sind, konnte nachgewiesen werden, dass das Tragen von Mehrstärkengläsern, also Brillengläsern, bei denen der obere Teil für den Ausgleich der Kurzsichtigkeit und der untere Teil für den Ausgleich der Weitsichtigkeit geschliffen ist, außerhalb der Wohnung das Sturzrisiko erhöht. Aber auch das räumliche Umfeld kann von Bedeutung sein. Wie im obigen Beispiel angesprochen, sind die Lichtverhältnisse in einem Raum für die Orientierung wichtig. Dunkle, aber ebenso extrem helle Bereiche können von Nachteil sein.

 

Beeinträchtigung des Denkvermögens und der Stimmungslage

Bei der Einschätzung einer Situation, die möglicher-weise zu einem Sturz führen kann, ist das Gehirn von entscheidender Bedeutung. Ist es in seiner Funktion eingeschränkt, kann dies dazu führen, dass sich das Risiko zu stürzen, erhöht. Dies kann bei verschiedenen Erkrankungen des Gehirns - zum Beispiel einer Demenz -der Fall sein. Andere Zustände, bei denen das Gehirn nicht optimal arbeitet und die auch vorübergehend sein können, erhöhen das Sturzrisiko ebenso. Darunterfallen Auswirkungen von Medikamenten und andere Formen von Verwirrtheitszuständen, die zum Teil mit Unruhe, fehlendem Erinnerungsvermögen oder gar Halluzinationen einhergehen. Auch für Menschen, die an einer Depression leiden, besteht ein erhöhtes Sturzrisiko, da man festgestellt hat, dass bei ihnen vielfach das Gangbild verändert ist.
Erkrankungen, die zu kurzzeitiger Ohnmacht führen können
Neben den bisher erwähnten Erkrankungen, die direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Steuerung der Bewegungen oder das Gleichgewicht haben, gibt es eine Reihe unterschiedlicher Krankheitsbilder, die zu einer kurzfristigen Ohnmacht führen können. Die Folge einer plötzlich auftretenden Ohnmacht ist leicht nachzuvollziehen. Je nach Situation ist ein Sturz vorhersehbar, bei dem keine Chance besteht, sich abzustützen oder sich anderweitig abzufangen.

 

Sturzgefahr bei speziellen Erkrankungen

Unterzuckerung (Hypoglykämie): Insbesondere Patienten, die an der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) leiden, können aufgrund einer Unterzuckerung fallen. Eine Unterzuckerung kann jedoch auch auftreten, wenn man längere Zeit nichts gegessen hat. Manche Menschen reagieren außerdem empfindlich bei kürzeren Phasen ohne Nahrung bei gleichzeitiger körperlicher Belastung. Tipp: Wenn Sie wissen, dass Sie nach längerer Zeit ohne Nahrung schwindelig oder »schummerig« werden, sollten Sie dies dem Pflegepersonal und im Krankenhaus den behandelnden Ärzten mitteilen. In diesen Fällen können bei belastenden Untersuchungen oder bei Maßnahmen, bei denen Patienten längere Zeit nüchtern bleiben müssen, besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.

Plötzlicher Blutdruckabfall: Dies ist im eigentlichen Sinne keine Krankheit und kann vorkommen, wenn man zum Beispiel plötzlich aufsteht oder aber durch andere Grunderkrankungen eine Kreislaufschwäche hat. In diesen Fällen schafft es der Körper nicht immer, die plötzliche »Mehrarbeit«, das Blut nach oben in den Kopf zu pumpen, zu leisten. Die Folge: Den Betroffenen wird schwindelig, oder sie werden sogar kurz ohnmächtig. Dies kann häufiger bei Personen vorkommen, die sowieso unter einem zu niedrigen Blutdruck leiden oder aber aufgrund von blutdrucksenkenden Medikamenten einen verhältnismäßig niedrigen Blutdruck haben.

Herzrhythmusstörungen: Bei manchen Menschen ist das Herz »aus dem Takt«. Es schlägt unregelmäßig und manchmal auch zu schnell oder zu langsam. Für die Blutversorgung des Körpers ist aber ein regelmäßiges und kontinuierliches Pumpen des Herzens erforderlich. Ist dies auch kurzfristig nicht der Fall und schlägt das Herz wesentlich zu langsam oder hat es längere »Aussetzer«, wird das Gehirn kurzzeitig nicht mit genug Blut versorgt. Die Folge: eine Ohnmacht und möglicherweise ein Sturz.

Vorübergehende Durchblutungsstörung im Gehirn: Fachleute bezeichnen dies als Transitorische ischämische Attacke (TIA). Dies ist die leichteste Form einer plötzlich auftretenden Durchblutungsstörung im Gehirn und wird häufig als Warnsignal oder Vorbote eines Schlaganfalles gesehen. Je nachdem, welche Gehirnregion betroffen ist, können unterschiedliche Einschränkungen auftreten. Sturzgefahr besteht bei Störungen des Gleichgewichtssinnes oder aufgrund von Lähmungserscheinungen in den Beinen.

Epilepsie: Dies ist eine Erkrankung, bei der es aufgrund verschiedener Ursachen zu Krampfanfällen kommt. Ein Krampf ist ein unkontrollierbares und ungewolltes Zusammenziehen von Muskeln. Bei einem großen Krampfanfall, der die Muskeln des Bewegungsapparates betrifft, stürzt man ohne Möglichkeit, dies zu verhindern.

Inkontinenz und Urinausscheidung: Eine bestehende Stuhl- und oder Harninkontinenz ist ein Risikofaktor im Hinblick auf Stürze. Aber auch das Verhalten rund um die Ausscheidung hat Einfluss auf die mögliche Sturzgefahr. So hat man festgestellt, dass Personen, die in der Nacht zu Hause mehrfach zur Toilette müssen, ein erhöhtes Sturzrisiko haben. Dies erhöht sich noch, je öfter und eiliger die Toilette aufgesucht werden muss. Auch eine

Durchfallerkrankung oder die Unfähigkeit, die Toilette ohne Hilfe aufzusuchen, sind weitere Sturzrisikofaktoren. Hier ist zu beachten, dass auch verschiedene Arzneimittel, beispielsweise entwässernde Medikamente, die bei verschiedenen Herzerkrankungen gegeben werden, die Häufigkeit und die Dringlichkeit des Toilettenganges beeinflussen können.

 

Angst vor Stürzen

Sturzangst können sowohl Menschen haben, die schon einmal gestürzt sind, als auch Menschen, die noch kein (schwerwiegendes) Sturzerlebnis hatten. Dabei kann die Angst zu stürzen dazu führen, dass sich die Betroffenen aufgrund ihrer Ängste weniger bewegen und dadurch ein Teufelskreis entsteht. Durch mangelnde Bewegung kommt es zu einem Muskelabbau, der wiederum zu einer noch größeren Unsicherheit führt, die sich in Angst vor einem Sturz niederschlägt, wodurch der Kreis von vorne beginnt. Daneben kann die Angst vor einem Sturz auch als Hinweis für das Vorliegen von weiteren Risikofaktoren gesehen werden. Tipp: Angst sieht man in der Regel nicht. Da die Angst vor einem Sturz für das Pflegepersonal aber ein wichtiger Hinweis sein kann, sollten Sie frühzeitig darauf hinweisen, auch wenn es unangenehm ist, sich zu seiner Angst zu bekennen. Ähnliches gilt für den Fall, wenn die betroffene Person schon einmal oder mehrfach gestürzt ist. Auch dies ist ein Hinweis darauf, dass das Sturzrisiko erhöht ist. Hier sollte schon am Anfang einer pflegerischen Betreuung auf einen erlittenen Sturz hingewiesen werden.

 

Verwendung von Hilfsmitteln

Spezielle Hilfsmittel, die bei Einschränkungen der Mobilität oder zum Ausgleich von Behinderung zum Einsatz kommen, können das Sturzrisiko mindern. Allerdings kann das Sturzrisiko dadurch nicht beseitigt werden. Vielmehr hat man herausgefunden, dass Menschen, die eine Gehhilfe benutzen, wesentlich häufiger stürzen als Menschen, die keine Gehhilfe benutzen. Daraus kann man aber nicht schließen, dass man die Hilfsmittel besser weglassen sollte. Ganz im Gegenteil: Wenn das richtige Hilfsmittel in der richtigen Weise benutzt wird, kann es bei der Mobilität eine große Hilfe sein und das Sturzrisiko eindämmen. Die Schlussfolgerung ist vielmehr, dass die Verwendung von Gehhilfen ein Hinweis auf eine grundsätzlich erhöhte Sturzgefahr ist. Dies ist dann vor allem für die Einschätzung der Pflegefachkräfte von Bedeutung. Eine besondere Form der Hilfsmittel im Zusammenhang mit der Vermeidung von Sturzfolgen sind die sogenannten Hüftprotektoren. Dies sind in der Regel oberschenkellange Unterhosen, bei denen auf Höhe des Oberschenkelhalsknochens spezielle Materialien eingenäht wurden. Diese Materialien können dann bei einem Sturz auf die betreffende Stelle die Energie, die auf den Knochen treffen würde, abfangen (ähnlich der Knautschzone eines Autos). Es gibt auch andere Varianten von Hüftprotektoren, die eher wie ein Sturzhelm wirken, indem sie die Energie beim Sturz nicht selbst aufnehmen, sondern breit auf die umliegenden Gebiete verteilen, so dass auch hier der Hüft- und Oberschenkelknochen weniger belastet wird. Die Wirksamkeit dieser Hilfsmittel konnte wissenschaftlich bestätigt werden. In der Praxis ist häufiger die Akzeptanz ein Problem, denn Hüftprotektoren sind nicht immer bequem zu tragen. Dazu kommt, dass man, genau wie bei normaler Unterwäsche, möglichst mehrere dieser Hilfsmittel pro Person benötigt, vor allem dann, wenn die Betroffenen unter Umständen zusätzlich noch an einer Inkontinenz leiden.

 

Schuhe und Kleidung

Zwar gibt es keine Studien, welche die Zusammenhänge von Stürzen und Schuhen und/oder Kleidung ausreichend untersucht haben, jedoch sind die Experten der Ansicht, dass durch die falsche Kleidung und falsches Schuhwerk das Sturzrisiko erhöht wird. Beispielsweise ist das Risiko zu stürzen höher, wenn man - aus welchen Gründen auch immer - kein festes Schuhwerk, sondern Slipper oder Schuhe ohne Halteriemen trägt. Außerdem kann sich das Sturzrisiko erhöhen, wenn man das Gleichgewicht verliert, etwa beim Ankleiden, wenn man sich eine Hose auf einem Bein stehend anzieht, oder man sich beim Ausziehen von Schuhen bückt.

 

Medikamente

Auch eine Medikamenteneinnahme kann das Risiko, zu stürzen, beeinflussen. Die genauen Zusammenhänge sind noch nicht ausreichend erforscht, jedoch kann man davon ausgehen, dass folgende Medikamente das Sturzrisiko erhöhen:
- Psychopharmaka (Medikamente, die auf die Psyche wirken) 
- Beruhigungsmittel und Schlafmittel (Sedativa und Hypnotika)
- Medikamente bei Herzrhythmusstörungen (Antiarrhythmika) 
- Medikamente, welche die Wasserausscheidung anregen (Diuretika)

 

Gefahren in der Umgebung

Das Umfeld kann bei der Verursachung von Stürzen von entscheidender Bedeutung sein. Dies sind Hindernisse, aber auch Stolperfallen oder Wettereinflüsse wie Schneeglätte. Dabei sind die Umgebungsbedingungen im häuslichen Umfeld genauso wichtig wie in einem Pflegeheim oder in einem Krankenhaus.

Es bestehen Sturzgefahren innerhalb von Gebäuden durch:

  • schlechte Beleuchtung
  • steile Treppen
  • mangelnde Haltemöglichkeiten
  • glatte Böden
  • Stolpergefahren (zum Beispiel hohe Teppichkanten, Haustiere oder herumliegende Gegenstände) 

und außerhalb von Gebäuden durch:

  • unebene Gehwege und Straßen 
  • Wetterverhältnisse

Abschließend kann gesagt werden, dass ein Sturzereignis in der Regel durch ein Zusammenspiel von verschiedenen, ungünstigen Bedingungen entsteht. Die Einschätzung darüber, ob ein erhöhtes Sturzrisiko vorliegt, muss daher immer anhand der feststellbaren Risikofaktoren erfolgen. Auch weil die Einschätzung des Sturzrisikos individuell und komplex ist, gibt es bislang keine Skala oder ein objektives Messverfahren, welches Pflegefachkräfte einsetzen könnten, um das Risiko zweifelsfrei einzuschätzen. Hier sind die Pflegekräfte gefragt. Es gilt, alle Risikofaktoren herauszufinden und das Ausmaß der jeweiligen Risiken zu bewerten.

 

Stürze verhindern

Wenn bekannt ist, dass jemand ein erhöhtes Sturzrisiko aufweist, stellt sich die Frage, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um einen Sturz zu verhindern. Die Antwort darauf ist einfach, auch wenn die konkrete Umsetzung in der Praxis häufig schwierig ist. Für die Verhinderung von Stürzen ist es notwendig, dass man die festgestellten Risikofaktoren bekämpft. Bei der Planung von Maßnahmen kommt es also zunächst darauf an, die Risikofaktoren, die man verändern kann - leider können nicht alle Risikofaktoren verändert oder verringert werden - zu kennen. In einem nächsten Schritt sollte dann in Zusammenarbeit mit den Betroffenen, Angehörigen und Ärzten ein individueller Plan entwickelt werden. Wichtig ist, dass am Anfang einer solchen Maßnahme eine ausführliche Information und Beratung der Betroffenen und ihrer Bezugspersonen über Ursachen, Risiken und mögliche Schritte zur Bekämpfung der Sturzgefahr steht.

 

Fixierung ist keine Sturzvorbeugung

Selbst beste pflegerische und medizinische Versorgung werden in der Praxis nicht alle Stürze verhindern können. Dies hat in der Praxis zum Teil dazu geführt, dass Patienten durch Bettgitter oder andere Maßnahmen fixiert, also bewegungsunfähig gemacht wurden. Diese Maßnahme spiegelt eine zum Teil sogar nachvollziehbare Hilflosigkeit von Pflegekräften im Krankenhaus oder im Pflegeheim wider. Man stelle sich eine Situation vor, bei der Pflegekräften zum Beispiel im Krankenhaus bewusst ist, dass ein Patient hochgradig sturzgefährdet ist, dieser sich aber aufgrund einer schweren Demenz für Toilettengänge nicht melden kann und die personelle Situation es nicht zulässt, ihn in kurzen Zeitabständen zu beobachten. Eine durchaus naheliegende und vielfach praktizierte Lösung ist dann, nach ärztlicher Anordnung kurzzeitig Bettgitter, Bauchgurte oder sogar Armfesseln anzulegen. Selbst wenn man an dieser Stelle die rechtliche und ethische Beurteilung außer Acht lässt, muss man der Fixierung nur aus Gründen der Sturzvorbeugung eine klare Absage erteilen: Die Untersuchungen, die im Rahmen der Entwicklung des Expertenstandards zusammengetragen wurden, belegen, dass freiheitsentziehende Maßnahmen häufig sogar das Gegenteil bewirken!

  • Personen, bei denen eine kurzfristige Fixierung durchgeführt wurde, haben in der Folgezeit ein etwa doppelt so hohes Risiko zu stürzen wie Personen, die nicht fixiert wurden.
  • Ein dauerhafter Verzicht auf Fixierungen führt nicht zu einer Erhöhung der Sturzrate.
  • Auch der Einsatz von Bettgittern senkt nicht das Risiko für Stürze.
  • Der Einsatz von Bettgittern zur Sturzverhinderung kann die Folgen eines Sturzes verschlimmern, wenn Patienten dadurch, dass sie über die Gitter klettern aus größerer Höhe stürzen.

Tipp: Wenn Sie selbst gerne ein Bettgitter für die Nacht haben möchten, weil Sie sich dadurch sicherer fühlen, sollten Sie nach einem Teil-Bettgitter fragen, welches das normale Aussteigen aus dem Bett weiterhin ermöglicht. Bei guter Beweglichkeit kann ein Bettnest auf dem Boden eine gute Alternative sein.

Hierunter fassen die Experten alle Einschränkungen einer Person zusammen, die eine Veränderung der Fähigkeit zu gehen und zu stehen verursachen. Dies können Probleme mit dem Gleichgewicht oder eine eingeschränkte Bewegungsfähigkeit sein, die sich vor allem in der Veränderung des Gangbildes zeigt. Unter Gangbild versteht man die Reihenfolge und das Aussehen der Bewegungsabläufe, wenn man bewusst von einem Ort zu einem anderen »gehen« möchte.

Bei Menschen ohne Beeinträchtigungen sieht dies in der Regel so aus, dass sie sich zügig, das heißt ohne zu zögern oder zu stocken, in Bewegung setzen können. In der Folge wird ein Fuß vor den anderen gesetzt. Dabei haben die einzelnen Schritte normalerweise einen bestimmten, regelmäßigen Abstand und werden auch nicht zu breit auseinandergesetzt. Die zeitliche Abfolge der Schritte ist zügig und gleichmäßig, der Körper sollte nicht schwanken, und die Arme müssen bei gesunden Menschen nicht (wie bei einem Seiltänzer) zum Halten der Balance eingesetzt werden. Die Ursachen für ein verändertes Gangbild sind unterschiedlich und können mit Erkrankungen, Schwäche, mit Angst oder auch mit einem Muskelabbau zu tun haben. In jedem Fall sind sie häufig ein Anzeichen für eine erhöhte Sturzgefahr.

Daneben können aber auch verschiedene Erkrankungen das Geh- und Stehvermögen einschränken:

  • Multiple Sklerose
  • Parkinson
  • Schlaganfall und Gehirnblutung
  • Erkrankungen des Nervensystems
  • Arthritis (entzündliche Gelenkerkrankungen)
  • Krebs
  • chronische (lang andauernde) Erkrankungen
  • ein krankheitsbedingter, schlechter Allgemeinzustand
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